Papierherstellung im 21. Jahrhundert
Heute wird der größte Teil unseres Papiers und Kartons entweder aus Frischfasern oder aus Recyclingpapier hergestellt. Der Produktionsprozess für Papier und Karton aus frischen Holzfasern ist sehr energie- und wasserintensiv. Die Zellulosefasern, die die Grundlage für Papierprodukte bilden, müssen von Lignin, Hemizellulose und Harzen getrennt werden. Dazu wird das entrindete Holz in Form von Hackschnitzeln mit Chemikalien wie Natriumhydroxid und Natriumsulfid bei Temperaturen um 170 °C unter hohem Druck für mehrere Stunden gekocht. Anschließend muss das Papier mit Chlordioxid oder Sauerstoff, Wasserstoffperoxid oder Ozon gebleicht werden.[1]
Für die Produktion einer Tonne Papier aus frischen Holzfasern wird genauso viel Energie benötigt wie für die Herstellung einer Tonne Stahl.[2] Das entspricht ungefähr dem Energiebedarf eines Vierpersonenhaushalts pro Jahr.[3] Nicht zu vergessen ist der Transport des Rohmaterials, der oft einen hohen Energieverbrauch und eine hohe Umweltbelastung mit sich bringt. 80 Prozent der für die Papierherstellung benötigten Rohstoffe stammen aus fernen Ländern wie Brasilien, Russland oder Skandinavien.[4] Im Schnitt legt das Holz (oder der Zellstoff) rund 4.000 Kilometer zurück, bis man es hier zu Papierprodukten und Verpackungen verarbeiten kann.[5] Diese langen Transportwege führen zu hohem CO2 Ausstoß.[6]
In Deutschland, aber auch weltweit, verbrauchen wir immer mehr Papier und damit auch mehr Bäume – trotz Digitalisierung. Laut WWF wird inzwischen fast jeder zweite Baum für die Papierindustrie gefällt.[7] Verpackungen machen den Großteil aus. Aber auch Hygiene- und grafische Papiere sowie Bücher, Zeitschriften und Spezialpapiere werden weiterhin in hoher Zahl produziert und verbraucht. Wir Deutschen sind mit Spitzenreiter im Papierkonsum. Wenn wir unsere Wälder schützen und Papier verantwortungsbewusster produzieren wollen, müssen wir den Frischfaser-Anteil aus Holz in Papierprodukten reduzieren und den Verbrauch insgesamt einschränken.
Die gängigste Alternative zu Papier aus Frischfasern ist die Verwendung von Recyclingpapier. Papier kann nicht in das Unendliche recycelt werden, da jede Papierfaser mit jedem Recyclingzyklus kürzer wird. Je kürzer sie ist, desto schlechter lässt sie sich binden. Zellulosefasern können theoretisch bis zu sechsmal wiederverwendet werden, danach scheiden sie aus dem Kreislauf aus. Bei der Herstellung von Recyclingpapier werden bis zu 60% weniger Energie und bis zu 70 % weniger Wasser verbraucht.[8] Im Jahr 2018 wurden 76 % des in Deutschland produzierten Papiers aus Altpapier hergestellt. In Zahlen ausgedrückt sind das 17,2 Millionen Tonnen Recyclingpapier.[9]
Auch bei der Verwendung von Altpapierfasern zur Herstellung von Recyclingpapier wird immer noch eine gewisse Menge an Frischfasern benötigt, denn bei jedem Recyclingprozess werden die Holzfasern verkürzt und diese verkürzten Fasern müssen durch längere, frische Fasern ersetzt werden. Das frische Holz dient quasi als Klebematerial für alle Fasern verschiedener Längen. Die Abholzung geht also weiter, wenn auch in geringerem Maße.
Papier kann nicht ausschließlich aus Holz hergestellt werden, sondern aus nahezu jeder Faserpflanze, die es auf der Welt gibt. Faserpflanzen eignen sich besonders gut, da die in ihnen enthaltenen, langen Fasern, sich miteinander verbinden und so die Stabilität und Form von Papier einnehmen können. Schon die Ägypter nutzen für den bekannten Papyrus kein Holz, sondern sogenanntes Zyperngras, eine Faserpflanze. Zur Familie der Faserpflanzen gehören unter anderem Gräser. Es gibt viele, hunderte verschiedene Arten von Gräsern und auch auf Deutschen Wiesen wachsen sie bunt durcheinander.
Im Jahr 2014 förderte die Deutsche Bundesstiftung Umwelt ein Projekt zwischen der Universität Bonn und einem Unternehmer aus NRW mit knapp 170.000€ das sich mit der Erforschung von Gras als Rohstoff in der Papierherstellung beschäftigte. [10] Das Ergebnis des Projektes war der Nachweis, dass die grundsätzliche Machbarkeit von Graspapier und die verfahrenstechnische Umsetzung gewährleistet ist. Seitdem ging es weiter mit dem Graspapier, Patentierung der Zellstoffherstellung, Partnerschaften mit Papierfabriken, Gründung eines Gras-Zellstoffherstellers. In den Jahren 2018 und 2020 förderte die EU u.A. im Rahmen ihres Horizon Projektes die Graszellstoffherstellung mit insgesamt knapp 4 Mio €.[11][12] Um so etwas großes wie die Papierindustrie neu zu gestalten, braucht man viele Menschen und sehr viel Kapital. Dank dieser jahrelangen Vorarbeiten können wir nun die fertig erforschten Graspellets in die Papiermaschine geben und Graspapier für unsere Produkte herstellen.
Doch wie wird Graspapier eigentlich hergestellt?
Zunächst wächst das Gras oder besser viele verschiedene Gräser auf einer ungedüngten, pestizidfreien Wiese. Diese Wiese wird 2-5 mal im Jahr gemäht, auch um nicht zu verholzen. In Rohstofffabriken wird das dann getrocknete Heu in Pellets gepresst. Die Produktion von Gras zu Pellets erfolgt durch einen rein mechanischen und energiesparenden (ca. 112 kWh pro Tonne) Prozess. Es werden keine Chemikalien und kaum Wasser (max. 6 Liter pro Tonne) verwendet. Die fertigen Pellets kommen dann bei der Papierfabrik anstelle von Holzzellstoff in die Papiermaschine. Heraus kommt das Graspapier, das wir für unsere Produkte nutzen. Graspapier steht nicht in Konkurrenz zu Tierfutter, da das Gras von Flächen stammt, die nicht primär zur Futtererstellung genutzt werden. Von diesen Überschussflächen gibt es einige, die allein in Bayern über 1 Mio. Tonnen Gras produzieren. In der Zeit des Wachstums bieten die Wiesen Platz für Biotope, Lebensraum für Bienen, Insekten und kleine Säugetiere. Außerdem bindet Gras und die Böden darunter CO2. Gras wächst deutlich schneller nach als ein Baum (12-80 Jahre bis zur Erntereife) und das auch noch direkt vor unserer Haustür.
Da die Technologie des Graspapiers noch relativ jung ist, ist es noch nicht möglich 100% des Papiers aus Gras herzustellen. Daher bestehen auch unsere Graspapiere zu 30% aus Grasfasern und zu 70% aus Holzfasern. Letztere werden noch benötigt, um dem Papier Stabilität zu geben und alle Fasern, auch das Gras, miteinander zu verkleben. Bei manchen Graspapierprodukten kommt man schon auf einen Grasanteil von 50%. Je mehr Zeit voranschreitet, je bekannter Graspapier wird und je mehr geforscht wird, desto höher wird der Grasanteil mit der Zeit werden.
Aber auch schon 30% Gras anstelle von Holz bedeuten 30% weniger gefällte Bäume, 30% weniger Chemie und vor allem 30% weniger CO2 Ausstoß. Das ist ein erster Schritt in die richtige und wichtige Richtung. In genauen Zahlen bedeutet das: Die Herstellung der Grasfasern spart im Vergleich zur chemischen Aufbereitung des Holzzellstoffes rund 97% Energie, 95% CO2-Emissionen und 99% Wasser.[13] In unserem Geschenkpapier wirkt sich die ressourcenschonende Grasfaseraufbereitung mit einer Ersparnis von ca. 23% CO2-Emissionen im Vergleich zum rein holzzellstoffbasierten Papier und 15% im Vergleich zum reinen Recyclingpapier aus. Dadurch aber, dass unsere Papiere in der DACH Region hergestellt werden und das Gras ebenso regional ist, sparen wir uns noch ein vieles mehr an CO2 Emissionen durch kurze Transportwege.
Recyclebarkeit
Ab und zu sind in der Vergangenheit Stimmen aufgetaucht, die die Rezyklierbarkeit von Graspapier anzweifeln. Die Rezyklierbarkeit wurde deswegen im Jahr 2014 von PTS, einer akkreditierten Recyclingbewertungsagentur, extra untersucht. Diese stellte fest, dass der Nachteil von Graspapier beim Recycling darin besteht, dass es durch seine grünlich, bräunliche Färbung „Farbe“ in das sonst weiße, gebleichte oder helle Papier / Altpapier bringen könnte und so das Altpapier „verschmutze“. PTS teilte bei der Analyse die Nutzung von Graspapier in (1) Verarbeitung, (2) Gewerbe, Handel und (3) Endverbraucher auf. Für die ersten beiden Anwendungen wurde die Recyclingfähigkeit als kritisch bewertet, da hier oft sehr große Mengen an einem Ort anfallen, die dann zusammen bei der Altpapierproduktion verfärben könnten. Beim Fall Nummer 3 jedoch, unter den auch unsere Geschenkpapierprodukte fallen, wurde nichts an der Rezyklierbarkeit beanstandet. Unsere Geschenkpapiere können daher ganz ohne Bedenken in die Altpapiertonne gegeben werden.[14]
Kompostierbarkeit
Ja, unser Graspapier ist nicht nur durch das Papier, sondern auch durch die nachhaltige Bedruckung biologisch abbaubar. Die Altpapiertonne ist allerdings dem Komposthaufen vorzuziehen, da es grundsätzlich nachhaltiger und energiesparender ist zu recyceln als direkt zu entsorgen.
Wenn Du eine Frage zum Graspapier hast, die wir hier noch nicht beantwortet haben, dann schreib uns gerne jederzeit. :-)
[1] https://www.spektrum.de/lexikon/chemie/zellstoff/10075
[2] https://www.umwelt-im-unterricht.de/hintergrund/papierherstellung-papierkonsum-und-die-folgen-fuer-die-umwelt/
[3] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/558288/umfrage/stromverbrauch-einen-4-personen-haushalts-in-deutschland/
[4] https://www.umwelt-im-unterricht.de/hintergrund/papierherstellung-papierkonsum-und-die-folgen-fuer-die-umwelt/
[5] https://www.umwelt-im-unterricht.de/hintergrund/papierherstellung-papierkonsum-und-die-folgen-fuer-die-umwelt/
[6] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/papier_-_wald_und_klima_schuetzen-reichart_1.pdf
[7] https://www.wwf.de/themen-projekte/waelder/papierverbrauch/zahlen-und-fakten/
[8] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/papier_-_wald_und_klima_schuetzen-reichart_1.pdf
[9] https://www.umweltbundesamt.de/daten/ressourcen-abfall/verwertung-entsorgung-ausgewaehlter-abfallarten/altpapier#die-deutsche-papierindustrie
[10] https://www.dbu.de/OPAC/ab/DBU-Abschlussbericht-AZ-30990.pdf
[11] https://cordis.europa.eu/project/id/829282
[12] https://www.fisheri.com/blog/sustainability-projects-making-headlines-in-january
[13] Private Kommunikation mit Rohstoffproduzent (aktueller Stand Dezember 2022)
[14] https://www.creapaper.de/wp-content/uploads/2020/03/Vorwort_Zertifikat_Recycling_Graspappe_Bericht_PTS_2014.pdf